Kennst du das auch? Die weiß-nicht-wievielte Korrekturschleife steht an, der Kunde/die Kundin ist absolut nicht happy, der Dateiname sieht bereits so aus
grafik_final_finalfinalfinal_051223.pdf
keiner hat eine Lösung und es wird eigentlich nur mehr Designbingo gespielt. Vom Frustrationslevel auf beiden Seiten gar nicht zu sprechen.
Willkommen im Club. Ich kann mich nur an sehr wenige Projekte in den Werbeagenturen – in denen ich in der Vergangenheit angestellt war – erinnern, die nach einer einzigen Korrekturschleife vom Kunden/der Kundin so abgenommen wurden.
Ich habe mich immer gefragt, ob dieser Prozess einfach so ist und falls nicht: Wo liegt der Fehler in der Kommunikationskette? In meiner Selbstständigkeit habe ich dann natürlich auch den Part des Kundenbetreuers mit übernommen. Etwas, auf das ich mich schon sehr gefreut habe. Und mit dieser neuen Aufgabe habe ich auch Antworten auf die obige Frage erhalten.
Und weil ich diese Erkenntnisse nicht für mich behalten will, habe ich hier 4 Tipps zusammengefasst, die bei mir in meiner Selbstständigkeit zu einer besseren Kundenkommunikation und zu weniger Korrekturschleifen geführt haben:
Fragen, Fragen, Fragen…
Klingt sehr einfach und… ist es auch! Als Kreative:r und vor allem auch als Grafikdesigner:in bekommst du von deinem Kunden/deiner Kundin ein mehr oder weniger ausführliches Briefing.
Soweit so normal. Mein Tipp ist nun, Fragen zu stellen. Und zwar die „richtigen“ Fragen. Was sind richtige Fragen? Das sind jene, die dich bei deinem Arbeitsprozess weiterbringen bzw. dir deine Arbeit effizienter gestalten.
Ein banales Beispiel: Dein Kunde schickt dir ein Briefing für ein Webbanner mit einem Text, einer ungenauen Bildvorstellung und einer Deadline.
Meine Frage 1: Was ist das gewünschte Format?
(Ihr wollt nicht glauben, wie oft man mich in den Agenturen „raten“ hat lassen, statt den Kunden einfach zu fragen. Nach dem Motto: „Wir wollen ja den Kunden nicht unnötig verärgern“)
Meine Frage 2: Welche Aussage soll das Sujet haben. Welche Emotion soll bei dem Betrachter entstehen bzw. was soll er tun? Darauf klicken, etc.
Dabei geht es dann schon etwas in die Tiefe. Und auch wenn der Kunde/die Kundin weiterhin nur wage Formulierungen von sich gibt – hake nach und mache Vorschläge in welche Richtung es gehen könnte.
Und vergiss nicht: Dein Kunde/deine Kundin hat meistens mehr zu tun, als sich deine grafischen Entwürfe anzusehen. Gerade wenn die KundInnen keine Konzerne sind, ist deine Ansprechperson oft auch gleich die geschäftsführende Person der Firma und hat nicht die Zeit, darüber nachzudenken, welche Infos er beim Briefing vergessen hat.
Beschreibt eure Gedanken
Ich weiß, dass Kreativen und Grafiker:innen oft nachgesagt wird, dass sie keine Lust hätten, ihre „Werke“ zu beschreiben. Der- oder Diejenige sollte ja auf einen Blick alles verstehen. Dem ist aber in den meisten Fällen nicht so.
Deswegen: Wenn du das nächste Mal mehrere Versionen für beispielsweise ein Logodesign machst, beschreibe entweder gleich in deiner Präsentation oder im E-Mail, was du dir dabei gedacht hast, z.B.:
-
- Welche Emotionen weckt es
- Warum hast du diese Farben gewählt, was bedeuten sie
- Warum hast du dich für diese Form entschieden
- Warum hast du diese Logoschrift gewählt
Dieser Prozess dauert zwar deutlich länger, als einfach nur die Präsentation abzuschicken, ABER: Es hilft! Es zeigt dem Kunden/der Kundin nicht nur, dass du dir wirklich etwas dabei überlegt hast und Ahnung von deinem Gebiet hast, er/sie kann sich dadurch auch Zeit sparen und muss nicht erst selbst herausfinden, was dieser Kreis jetzt zu bedeuten hat.
Außerdem trainierst du gleichzeitig die Fähigkeit, deine Arbeit zu erklären und das ist spätestens dann viel Wert, wenn du beispielsweise deine Idee persönlich präsentieren musst.
Kommunikation der Korrekturschleifen und wie du sie handhaben willst
Auch etwas, was einfacher klingt, als gedacht. Aber ich kenne einige, die bei der Angebotserstellung die Korrekturschleifen völlig außer Acht lassen und dann wenn es soweit ist, total die Kontrolle verlieren, wo sie gerade stehen, was sie schon geändert haben, usw.
Punkt 1: Inkludierte Korrekturschleifenanzahl
Nimm eine im Preis bereits inkludierte Korrekturschleifenanzahl pro einzelnem Arbeitsauftrag in dein Angebot hinein und führe sie in der Arbeitsbeschreibung auch klar an, zb. so:
„Design inkl. 2 Korrekturschleifen“
Irgendwo weiter unten machst du klar, dass bei Überschreitung der 2 Korrekturschleifen dein Stundensatz von X € pro Stunden weiterverrechnet wird.
Was bringt das?
Nun ja, dein Kunde/deine Kundin ist von Anfang an (weil er/sie das Angebot gelesen hat) informiert über die Korrekturschleifenanzahl und möchte sie in den meisten Fällen nicht überschreiten. Also bemüht er/sie sich auch, diese Anzahl einzuhalten.
Punkt 2: Mache dir im Vorfeld eine Vorgangsweise aus
Ich habe nur zu oft in meiner Werbeagentur-Vergangenheit erlebt, dass Änderungen peu à peu durchgeschickt werden. Das ist nicht nur super unübersichtlich für dich als Designer:in (du hast im besten Fall nicht nur einen Auftrag, den du gerade bearbeiten musst), Fehler sind vorprogrammiert und es birgt das Risiko, dass Projekte elendslange in die Länge gezogen werden.
Also vereinbare im Vorhinein mit deinem Kunden/deiner Kundin, wie du die Korrekturschleifen gerne machen willst. Je nach Auftrag (Website, Flyer, etc.) kann das unterschiedlich aussehen.
Empfehlenswert sind geblockte Änderungsschleifen, beispielsweise nach abgeschlossenen Bereichen.
Im Endeffekt wollen beide Seiten die Arbeitsweise so effizient wie möglich gestalten und so rasch wie möglich (mit optimaler Qualität) ans Ziel kommen, das sollte man nicht vergessen.
Kein „Mach mal irgendwas…“
Etwas, das ich leider auch viel zu oft gehört habe vor meiner Selbstständigkeit. Schlicht und einfach: Nein! Mach es nicht. Die Chance, dass du und der Kunde danach zufrieden sind, ist sehr niedrig.
Und dafür ist deine Zeit und die deines Kunden/deiner Kundin zu schade.
Ich hoffe, der ein oder andere Tipp konnte dir weiterhelfen. Probiere sie gerne aus und sage mir, wie sie für dich funktionieren.